Kudankulam Falschmeldungen – Ein Beispiel

AM 10.Januar 2014 ging quer durch die englischsprachige Presse Indiens die Meldung, der Block 2 des AKW Kudankulam werde im September 2014 Strom produzieren, der erste Block liefere bereits Strom – gegenwärtig mit einer Leistung von 440, Ende Februar dann mit 1000 Megawatt (Second unit of Kudankulam to generate electricity from September, z.B. Times Of India).

Planung für Block 2 wie gehabt

Dass der zweite Block im September diesen Jahres Strom liefern soll, ist überhaupt nichts Neues. Die indische AKW-Betriebsgesellschaft NPCIL hatte schon im September 2013 angekündigt, der zweite Block werde im September 2014 den kommerziellen Betrieb aufnehmen, davor sollte es der Juni 2014 sein. Bei Baubeginn im Jahre 2001 war 2008 für die Fertigstellung geplant. Danach gab es mindestens 21 Verschiebungen.

Eine “neue”, scheinbar gute Nachricht zu Block 2 als Schlagzeile, weil es zu Block 1 nichts – zumindest nichts Gutes – zu melden gibt?

Block 1 liefert zur Zeit der Meldung gar nichts

Der erste Block des AKW lieferte seit dem 3.Januar 2014 keine einzige Kilowattstunde. Zunächst sollte er am 10.Januar 2014 wieder ans Netz. Aus nicht bekannten Gründen scheiterte das, der Termin wurde um zwei Tage verschoben (Bericht der Netzgesellschaft über 10.1.14). Seit 22.Oktober 2013 – an diesem Tag wurde Block 1 erstmals mit dem Netz verbunden – hat das AKW eine Verfügbarkeit von weniger als 60 Prozent, die mittlere Zeit bis zum nächsten Ausfall beträgt nicht einmal eine Woche. Der Reaktor erreichte nie auch nur die Hälfte seiner angeblichen Leistungskapazität von 1.000 Megawatt.

Laut Betriebsgesellschaft soll der erste Reaktor immer noch im Januar 2014 den kommerziellen Betrieb aufnehmen (Stand 11.12014), bei Baubeginn war 2007 angekündigt worden. Seither gab es mindestens 28 Verschiebungen.

Der gerade aktuelle Planungsstand für das AKW Kudankulam wird von der NPCIL im Web veröffentlicht unter http://www.npcil.nic.in/main/ConstructionDetail.aspx?ReactorID=77.

Prognose

Eine Prognose ist nicht schwer: Demnächst wird der Produktionsbeginn für den ersten Block auch offiziell auf Februar verschoben werden. Der Ankündigungstermin für den zweiten Block wird noch eine Weile beibehalten und dann um drei Monate auf Dezember 2014 verschoben werden – wenn der bisherige Rhythmus beibehalten wird.

In den nächsten Monaten werden die Erfolgsmeldungen in der indischen und russischen Presse weiter zunehmen. Vor der Wahl im Mai 2014 will die indische Zentralregierung den Erfolg ihrer Atompolitik unter Beweis stellen. Der russische Staatskonzern möchte noch vor der Wahl die Verträge für die Lieferung von zwei weiteren Reaktoren nach Kudankulam unter Dach und Fach bringen.

Durchsichtiges Muster der Propaganda-Nachrichten

Falschmeldungen – nicht nur zum AKW Kudankulam – sind gängige Praxis und gehören zum festen Repertoire der Atompolitik. Das Muster ist erkennbar:

  • Eine positive, nicht überprüfbare Ankündigung eines Erfolges in der Zukunft (Block 2 wird im … in Betrieb gehen) dient als Ablenkungsmanöver. Es darf auch eine Null-Nachricht sein, eine längst bekannte Information wird zur Schlagzeile erhoben. “Jetzt geht es um Block 2” ist die Botschaft, der erste Block soll aus den Schlagzeilen.
  • Eine geschönte bis falsche Meldung über den aktuellen Stand wird nebenbei transportiert (Block 1 produziert).
  • Negative Nachrichten werden als Positiv-Meldung formuliert  (Wird uns mit der Ankündigung des Volllastbetriebs für den Februar in verklausulierter Form die Verschiebung des kommerziellen Betriebs mitgeteilt?).
  • Verschwiegen wird die wirklichen Nachricht (Block 1 funktioniert nicht: Er ist vom Netz – länger als erwartet. Die Leistungssteigerung verzögert sich genauso wie der kommerzielle Betrieb. Warum?).

Und das funktioniert: Auch Atom-GegnerInnen übernehmen die Meldungen und die Atomlobby berichtet, 2013 seien weltweit vier AKWs in Betrieb gegangen, drei in China und eines in Indien.  Gemeint ist Block 1 des AKW Kudankulam.

Nachtrag am 13.1.14:

Auch am 12.Januar 2014 ging Block 1 nicht ans Netz, der Termin wurde noch einmal um zwei Tage verschoben (Bericht 12.1.14)

Nachtrag am 15.1.14:

Auch am 14.Januar 2014 ging Block 1 nicht ans Netz, der Termin wurde noch einmal um einen Tag verschoben (Bericht 14.1.14)