Falschmeldung über angebliche Kürzung des indischen AKW-Programms auf ein Drittel

Selbst atomkritische Medien verbreiteten die Falschmeldung, die indische Regierung habe im April 2018 ihre AKW-Pläne auf ein Drittel gekürzt. Tatsächlich wurden die Ausbauziele auch nicht minimal reduziert. Die Modi-Regierung wird allerdings nur einen Teil der geplanten AKWs bauen können.

Anfang April berichtete der Financial Express,  die Regierung habe in der Antwort auf eine Parlamentsanfrage ihre AKW-Pläne drastisch gekürzt: Die Atomenergie solle bis 2031-32 nur noch auf eine Kapazität von 22.480 MW ausgebaut werden, und nicht auf 63.000 MW wie bisher geplant. Die fossilen Lobbyisten des Institute for Energy Research (IER) folgerten daraus einen Anstieg der Kohle-Energie. Der Nuclear Monitor von WISE übernahm in der Ausgabe 860 die Falschmeldung.

Die Falschmeldung beruht auf einer Fehlinterpretation der Antwort des Atomministeriums  auf die parlamentarische Anfrage Nr. 6201. Das Ministerium nannte 22.480 MW als Kapazität der AKWs, die in Betrieb sind (6.780 MW), die gebaut werden (6.700MW) oder für die die Finanzierung genehmigt ist (9.000 MW). Dazu kommen 31.948 MW von AKWs die “im Prinzip bestätigt” sind, sich aber noch in einem Vorprojekt-Stadium befinden. Vor allem sind das die Import-AKWs, für die noch keine Verträge abgeschlossen wurden und für die daher auch kein Fertigstellungstermin genannt werden kann. Zu der Fehlinterpretation kommen Gerüchte. So wird auf eine nirgends nachweisbare Liste von 57 gestrichenen Reaktoren verwiesen (energypost). Es könnte sich um eine Liste von allen jemals andiskutierten AKWs handeln, auf der Liste sollen aber auch die Jaitapur-Reaktoren stehen – und diese sind definitiv nicht vom Tisch. Aus den Medien wird nicht klar, welche AKWs gebaut werden sollen und welche aufgegeben wurden.

Dabei genügte eine Auswertung der Parlamentsauskünfte des Atomministeriums aus März und April dieses Jahres (Nr. 4226, Nr. 6071, Nr. Nr. 6201), um diese Übersicht zu erstellen:

Indiens AKW-Programm im April 2018

Vor zehn Jahren hatte die indische Regierung den Ausbau der Atomkraft auf 48 bis 63 GW im Jahre 2030 anvisiert (Regierungsinformation vom 4.4.2008). Zum Pariser Klimagipfel kündigte die indische Regierung einen Ausbau auf 63 GW im Jahre 2032 an. Derzeit ist der Ausbau auf 54 GW mehr oder weniger konkret geplant, zumindest die Standorte und Kapazitäten sind benannt. Auffallend ist, dass neben dem 500 MW Prototyp in Kalpakkam keinen weiteren Schnellen Brüter genannt werden. Von einer Kürzung, gar auf ein Drittel, kann jedenfalls keine Rede sein.

Die indische Regierung wird jedoch ihre Ausbauziele nicht erreichen:

  • Die Standorte Haripur und Mithi Virdi mussten wegen des Widerstandes der Bevölkerung aufgegeben werden – zumindest vorläufig, das Atomministerium listet die beiden Standorte ja noch auf. An allen neuen Standorten gibt es Widerstand.
  • Die Bauzeit für AKWs wird notorisch unterschätzt. Die Kosten für Atomenergie werden immer absurder.
  • Die angeblichen Ausbauziele der indischen Regierungen wurden noch nie erreicht (siehe Dianuke). Überambitionierte Ziele sind Teil der Atompropaganda.
  • Über die Import-AKWs, abgesehen von Kudankulam, wird seit zehn Jahren verhandelt. Ein Ende ist nicht abzusehen. Vordergründig geht es dabei um Kosten und Haftung. Tatsächlich wird die Verknüpfung mit Rüstungsgeschäften entscheidend sein (siehe Atomkraftwerke für Indiens militärische Supermacht-Ambitionen).

Fazit:

Die indische Regierung hält an ihren unrealistischen Zielen fest. Falschmeldungen und Gerüchte über angebliche Kürzungen helfen dabei das immer offensichtlicher werdende Scheitern zu kaschieren. Erste Erfolge der Anti-Atom-Bewegungen werden so verschwiegen.

 

 

 

 

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