Am 14.Juli 2013 forderten AKW-GegnerInnen vor dem AKW Neckarwestheim die Schließung aller Atomanlagen weltweit. Vor dem AKW Neckarwestheim wurde über das AKW Kudankulam informiert.
Hier der Redebeitrag zu Kudankulam:
“Seit letzter Nacht ist die Welt unsicherer geworden. In Südindien wurde der erste Block des Atomkraftwerkes Kudankulam hochgefahren, seit 23 Uhr 5 Ortszeit ist er kritisch.
Besonders gefährliches AKW
Das AKW Kudankulam ist ein besonderes AKW, ein besonders gefährliches. Nicht nur weil es in einem Tsunami-Gebiet steht. Opfer des großen Tsunami von 2004 leben heute in einer neu errichteten Siedlung nur wenige Hundert Meter vom AKW entfernt. Auch nach indischem Gesetz ist sollte eigentlich so nah bei einem AKW niemand wohnen. Besonders gefährlich ist das AKW Kudankulam vor allem wegen schon jetzt bekannter Mängel.
Es handelt sich um einen VVER 1000 der russischen Rosatom, verbaut wurden aber auch Komponenten von deutschen Firmen. Siemens sei hier stellvertretend genannt. Der Reaktorkessel wurde entgegen den vertraglichen Vereinbarungen mit Schweißnähten geliefert – im mittlerem Bereich, der besonders starken Belastungen ausgesetzt ist. Das muss nicht gleich zu Problemen führen. Minderwertige Komponenten der korrupten Firma Zio Podolsk können dagegen jederzeit versagen.
Das größte Sicherheitsrisiko dürfte aber die Verkabelung sein. Das AKW forderte deshalb schon vor Betriebsbeginn die ersten Todesopfer. Sechs Arbeiter starben bei Installationsarbeiten durch einen Stromschlag. Auch die EDV-Verkabelung ist nicht in Ordnung. Während Tests kam es zu Interferenzen, die Leitungen sind nicht sauber voneinander abgeschirmt. Dadurch erhalten die Leit- und Sicherungssysteme fehlerhafte Signale. Und das kann Katastrophen auslösen.
Verharmlosung
Das AKW Kudankulam sollte bereits 2007 in Betrieb gehen. Wegen Qualitätsmängeln wurde die Inbetriebnahme des AKW mindestens 20 Mal verschoben. Seit letzten Dezember: Monat für Monat – meist ohne Angabe von Gründen. Schwarzer Rauch und Lärm (vergleichbar mit dem von Düsenflugzeugen) aus dem AKW verstärkten die Beunruhigung der Bevölkerung.
Jetzt erzählt der Staatsminister im Amt des Ministerpräsidenten, Herr Narayanasamy, das AKW sei schon im März 2011 betriebsbereit gewesen, zu Verzögerungen sei es nur wegen des Widerstandes der Bevölkerung nach Fukushima gekommen. Er rechnet dann noch die Kosten vor, die dadurch entstanden seien und lastet diese der Anti-AKW-Bewegung an. Kennen wir dieses Argumentationsmuster nicht irgendwoher? (S21) Atom-GegnerInnen sprechen von diesem Herrn als “grausigem Goebbels der Atomindustrie”.
Auch das Oberste Gericht Indiens beteiligt sich an der Verharmlosung der Atomtechnik. Anfang Mai wies es eine Klage gegen das AKW Kudankulam mit dem Argument zurück, Atomenergie sei für die Entwicklung Indiens notwendig. Im Interesse der Allgemeinheit müssten die Menschen in der Nähe der Atomkraftwerke “kleinere Unannehmlichkeiten” auf sich nehmen. Die Menschen in Fukushima wissen was gemeint ist.
Bei einer Prüfung der Umweltrisiken mahnte die zuständige Umweltbehörde lediglich an, auf dem AKW-Gelände müsse es mehr Grünflächen geben. Das ist keine Satire!
Die Erwärmung des Meeres durch das Kühlwasser ist nur ein Thema der Fischer. Sie fürchten um ihre Existenz.
Repression und Widerstand
Am Freitag haben die Fischer in Idinthakarai, das ist ein Fischerort in unmittelbarer Nähe des AKW, die Arbeit niedergelegt. Für die Inbetriebnahme des AKW wurde die sowieso schon massive Polizeipräsenz noch einmal verstärkt. Auf den Hauptstraßen wurden Kontrollposten eingerichtet. Am ersten Juli wurde ein ARD Team. das über den Widerstand berichten wollte, aus der Region verwiesen. Nach Idinthakarai, dem Zentrum der Widerstandsbewegung, durften sie gar nicht erst fahren. Im März 2012, als die Bauarbeiten nach einem sechsmonatigen Moratorium wieder aufgenommen wurden, war Idintharai schon einmal für mehrere Tage komplett von der Außenwelt abgeschnitten.
Die Bewegung gegen das AKW Kudankulam ist eine der stärksten Anti-Atombewegungen der Welt. Der Widerstand ist bewusst gewaltfrei. Der Staat reagiert nun nur noch mit Gewalt und Repression – nachdem Hetzkampagnen, Moratorium, Bestechung und Expertenkommissionen den Widerstand nicht brechen konnten. Die Staatsgewalt hat bereits zwei Menschenleben gefordert: Sayaham Francis wurde bei einer Versammlung am Strand durch ein tieffliegendes Flugzeug der Küstenwache tödlich verletzt. Bei einer Demonstration wurde Anthony John
von der Polizei erschossen.
Die AKW-GegnerInnen werden als gefährliche Aufwiegler, Landesverräter und Staatsfeinde, als Terroristen kriminalisiert und mit Verfahren überzogen. Sie setzen Waffen ein wie befristete und unbefristete Hungerstreiks, Bahn-, Straßen- und Seeblockaden, Arbeitsniederlegungen und Wahlboykotts und Demonstrationen auf dem Land, am Strand, im und auf dem Wasser. Information und Aufklärung sind möglicherweise ihre schärfsten Waffen.
Heute versammeln sich VertreterInnen aus den drei südliche Bezirken des Bundesstaates Tamil Nadu, um ihr weiteres Vorgehen zu beraten. Überregionale und weltweite Solidarität könnten helfen.
Atomanlagen und Atomprofiteur stilllegen – weltweit!”