Am Sonntag, 14.Juli 2013, soll im AKW Kudankulam die Kritikalität erreicht werden. Wegen des Widerstandes der AnwohnerInnen wurde die ohnehin massive Polizeipräsenz noch einmal verstärkt.
Seit Freitag, 12. Juli 2013, wird der erste Reaktor des Atomkraftwerkes Kudankulam in Südindien hochgefahren. Wenn alles klappt, wird am Sonntag die atomare Kettenreaktion gestartet. Nach einigen Tests bei niedrigem Leistungsniveau wird dann die Genehmigung zum Volllastbetrieb erteilt und der Reaktor geht ans Netz. So zumindest der Plan.
Am Donnerstag hatte die indische Atomaufsichtsbehörde die Genehmigung zum ersten Hochfahren des Reaktors erteilt. Anfang Mai hatte das Oberste Gericht Indiens eine Klage gegen das AKW zurückgewiesen, Atomenergie sei für die Entwicklung Indiens unabdingbar, die lokale Bevölkerung müsse da halt “geringere Unannehmlichkeiten” in Kauf nehmen.
Aus Protest gegen die Inbetriebnahme fuhren die Fischer nicht zum Fischfang aus. Am Sonntag treffen sich Gemeindevertreter aus den drei südlichen Bezirken Tamil Nadus (Tirunelveli, Thoothukudi und Kanyakumari), um weitere Aktionen zu besprechen.
Die Polizei verwies am 1.Juli ein ARD-Team aus der Region. Es soll keine Bilder vom Widerstand der Bevölkerung und der Staatsgewalt geben.
Seit Jahren und verstärkt nach Fukushima wehren sich die Menschen in der Region gegen das Atomkraftwerk Kudankulam: Mit befristeten und unbefristeten Hungerstreiks, Ketten-Fasten seit bald 2 Jahren, Bahn-, Straßen- und Seeblockaden, Arbeitsniederlegungen und Wahlboykotts, Demonstrationen auf dem Land, am Strand, im Wasser und auf dem Wasser. Der Staat reagierte mit einem sechsmonatigen Baustopp, Expertenrunden, Hetzkampagnen (“vom Ausland bezahlt und gesteuert”), Kriminalisierung und zunehmend mit nackter Gewalt. Im September 2012 wurde Anthony John von der Polizei erschossen und Sayaham Francis wurde von einem tieffliegenden Flugzeug der Küstenwache zu Tode gestürzt. Es herrscht der Ausnahmezustand.
Das von der russischen Rosatom gelieferte AKW in Kudankulam sollte ursprünglich schon 2007 ans Netz gehen. Wegen Lieferverzögerungen, mangelhaften Teilen und Fehlkonstruktionen kam es immer wieder zu Verzögerungen. Seit Dezember 2012 wurde die Inbetriebnahmen Monat für Monat verschoben. Nur einmal gab es dafür eine Erklärung, fehlerhafte Ventile mussten ausgetauscht werden.
Das AKW Kudankulam hat nach Insiderinformationen gravierende
Sicherheitsmängel. Von der korrupten russische Firma Zio Podolsk wurden minderwertige Komponenten geliefert. Die EDV-Kabel sind nicht sauber abgeschirmt, es kommt zu falschen Signalen. Auch die elektrischen Leitungen sind nicht in Ordnung, in den letzten Monaten starben mehrere Arbeiter durch Stromschläge. Entgegen den vertraglichen Vereinbarungen hat der Reaktorkessel im mittleren Bereich Schweißnähte.
Der politische Druck auf die AKW-Ingenieure ist enorm. Der indische Ministerpräsident Singh hatte seinem russischen Kollegen Putin mehrfach die Inbetriebnahme zugesagt.
Quellen: The New Indian Express, The Times of India, The HinduBusiness Line, Netzwerk IT
Übernommen aus Netzwerk IT