SMR – Hype

Kleine Reaktoren sind ein wesentlicher Baustein im indischen Atomprogramm. Im aktuellen Budget sind umgerechnet etwa 2 Milliarden Euro für die Entwicklung und Förderung kleiner Reaktoren vorgesehen (DAE 3.2.25).

Zurück zu 220 MW Reaktoren

Indien hat Erfahrung mit kleinen Reaktoren: Vierzehn kleine 220-MW-Schwerwasser-Reaktoren (Indian Pressurized Heavy Water Reactor, IPHWR-220) sind derzeit in Betrieb. Vor zwanzig Jahren wurde ihre Kapazität in neuen Versionen zunächst auf auf 540 und dann auf 700 MW erhöht, um die Kosten zu senken (‘Economies of size’). Die IPHWR-700 sind heute der Stand der Technik. Die Nuclear Power Corporation of India NPCIL vergibt zur Zeit Aufträge für zehn dieser Reaktoren (NPCIL). Mit dem SMR-Hype erlebt die alte Version eine Renaissance. Nach einem Redesign soll sie nun als BSR-220 gebaut werden (NPCIL RFP 31.12.24).

Neue Technik

Das Departement Of Atomic Energy (DAE) arbeitet außerdem an einem nicht näher spezifizierten 55-MW-SMR-Design. Gasgekühlter Hochtemperatur-Reaktoren sollen irgendwann für die Wasserstofferzeugung genutzt werden (DAE 20.3.25). Hochtemperatur-Reaktoren sind in Deutschland aus Hamm und Jülich bekannt. Weitere Reaktortypen sollen importiert oder in Zusammenarbeit mit ausländischen Konzernen entwickelt werden (siehe Internationale Kooperation)

SMR in U-Booten

Für den Einsatz in der Kriegsmarine hat das Bhabha Atomic Research Center, Teil des DAE, auch kleine Leichtwasser-Reaktoren gebaut. Der Compact Light Water Reactor CLWR-B1 treibt mit knapp 90 MW bereits indische U-Boote der Arihant-Klasse an. Der CLWR-B2 mit 190 MW ist in der Testphase und wird in den neuen U-Booten der S5-Klasse eingesetzt werden (AlphaDefense 10.10.24). Ein Paar dieser 190-MW-Reaktoren ist auch für den den Antrieb eines Flugzeugträgers geeignet (IDWR 10.11.24). Die Marine-Reaktoren ähneln sehr den entsprechenden Reaktoren in russischen U-Booten.

Atom statt Kohle

An Land sollen SMRs Kohlekraftwerke ersetzen, Strom für den Eigenbedarf von energieintensiven Industrien wie der Stahlproduktion erzeugen und Strom in abgelegenen Gegenden ohne Anschluss an das national Stromnetz bringen (DAE 20.3.24). Die ersten Reaktoren sollen an Standorten des DAE wie Trombay, Kalpakkam, Tarapur, Rawatbhata oder Kakrapar errichtet werden. Dann folgen in erster Linie ‘brown fields’, also Industrieflächen (DAE 12.3.25). Widerstand der lokalen Bevölkerung ist dort weniger wahrscheinlich. Atomlobbyisten schwärmen davon, von 353 Kohlekraftwerke an 170 Standorten durch SMR zu ersetzen.

Beirag von SMR zu 100-GW-Vision

Welchen Anteil die kleinen Reaktoren an den angekündigten 100 GW haben soll, darüber lässt sich nur spekulieren. Hinweise geben Äußerungen des Vorsitzenden der Atomenergiekommission. Importierte Leichtwasser-Reaktoren sollten 17,6 GW beitragen, indische Schwerwasser-Reaktoren bis zu 45 GW, sagte er im April letzten Jahres. Für die kleine Reaktoren blieben demnach rund 30 GW übrig, wenn die bestehende Kapazität mit 7 bis 8 GW berücksichtigt wird. (BusinessStandard 3.4.24)

Massenproduktion von SMR?

Der Nachweis, dass SMR kostengünstiger sein werden als Großreaktoren, steht noch aus. Der Skaleneffekt (‘Economies of scale’) tritt erst bei Massenproduktion ein. Hier ist noch viel Propaganda nötig, um staatliche Subventionen abzugreifen oder Spekulationsgewinne an der Börse zu erzielen.

Bei den militärischen Reaktoren hingegen sind die Kosten nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass Indien sie unabhängig von anderen Großmächten bauen kann. Voraussetzung dafür ist eine leistungsfähige einheimische Atomindustrie. Und da kommt die zivile Atomenergie ins Spiel.

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