Geheimdienst enthüllt Anti-AKW-Verschwörung – Neuauflage der Sonntag-Rainer-Hermann-Geschichte

Das Intelligence Bureau (IB), der  indische Inlandsgeheimdienst, hat in einem Bericht vom 3.Juni 2014 die  „Sonntag Rainer Hermann” – Story neu aufgelegt. Dem prominenten Sprecher der Widerstandsbewegung gegen das AKW Kudankulam, S.P. Udayakumar, soll er als Verbindungsmann nach Deutschland gedient haben (zu „German entities” im Bericht, zu “German authorities” in der Presse) . Im Dunkeln bleibt, zu wem, zu welcher Behörde, Firma oder Organisation in Deutschland Verbindungen bestanden haben sollen.

„Ich wurde mit einem Lächeln deportiert”

Am 28.Februar 2012 landete Rainer Sonntag auf dem Frankfurter Flughafen. Er kam mit der Lufthansa von Chennai in Indien. Er kam nicht von einer Geschäftsreise. Er kam auch nicht freiwillig. Er wurde abgeschoben, von Indien nach Frankfurt.

Rainer Sonntag hatte seinen Job als Programmierer aufgegeben, um von seinen Ersparnissen zu leben. In Indien kam er mit einem Tages-Budget von 10 Dollar aus. Er lebte dort sozusagen als „Wirtschaftsflüchtling“. In der Nacht vor seiner Abschiebung war Rainer Sonntag in seinem Low-Budget-Hotel in der Nähe von Kudankulam festgenommen und nach Chennai verbracht worden – mit 10 Mann war die Staatsmacht angerückt. Den Flug nach Frankfurt musste Rainer Sonntag  selbst bezahlen. Sein Laptop wurde beschlagnahmt. Gründe für die Abschiebung wurden nicht genannt.

„Jedes Mal, wenn ich fragte, was ich denn verbrochen hätte, lächelten sie. Ich wurde mit einem Lächeln deportiert. Ohne Abschiedsworte.” (Tehelka)

In den indischen Medien wurde Rainer Sonntag zum Drahtzieher und Financier des massiven Widerstands gegen das AKW Kudankulam stilisiert. Die lokale Bevölkerung sei vom Ausland gekauft. Statt zu arbeiten, würden die Menschen sich im lukrativeren Widerstand engagieren, Hungerstreiks abhalten und die Zufahrt zur Atomanlage blockieren. Das westliche Ausland schüre die Proteste, um Fortschritt und Entwicklung in Indien zu bremsen. (Bericht auf Stilllegen)

Die „Sonntag Rainer Hermann” – Story ging durch die Medien, auch die TAZ berichtete. Ein indischer Fernsehsender recherchierte sogar in Essen, dem angeblichen Wohnort von Rainer Sonntag (siehe Video).

Schließlich verloren die Medien das Interesse, die Sonntag-Geschichte schien abgeschlossen – bis das Intelligence Bureau die Geschichte wieder aufgriff. Sonntag Rainer Hermann musste nun als Kontakt Udayakumars herhalten. Auf seinem Laptop sei eine Karte mit bestehenden und geplanten AKW-Standorten (wie hier  und hier) und Uranminen (wie hier) gefunden worden. In die Karte seien Kontaktdaten von fünfzig Personen, vorwiegend AtomgegnerInnen, eingezeichnet gewesen. Diese Karte habe Sonntag Rainer Hermann an S.P.Udayakumar weiter gegeben.

Größere Verschwörung ” 

Anhand der Kartendaten sei es gelungen, eine „größere Verschwörung” aufzudecken. Ein „komplexes Netzwerk” von regionalen und nationalen Organisationen verbinde die notierten Personen. Elf von ihnen reisten öfter ins Ausland. Zu den ermittelten Organisationen gehören Greenpeace Indien, die Abrüstungsinitiative CNDP, die Antiatomgruppen NAAM und PMANE, die Bürgerrechtsorganisation PUCL, das Netzwerk INSAF, und das Bildungs- und Aktionszentrum PEACE. Diese Gruppen hätten sich verschworen, das indische Atomprogramm zu Fall zu bringen. Sie schreckten nicht davor zurück, zu Protesten aufzurufen und Studien zur Freisetzung von Radioaktivität in Auftrag zu geben.

Und mittendrin unser Rainer Sonntag. Ganz professionell habe er die Daten auf seinem Laptop nicht in Textform (sondern als Zeichnung) hinterlegt, um sie vor Durchsuchungsprogrammen, die nur auf Textbasis arbeiten, zu schützen. Wie das Spione halt so machen. Aus. Ende der Geschichte. Mehr ist nicht.

Die Geschichte mag lustig sein. Ihr Hintergrund ist es nicht. Sie dient dazu, S.P.Udayakumar als Agent des Auslands, als antinationales Element und Volksfeind an den Pranger zu stellen. Hindunationalistische Schlägertrupps verstehen das als Aufruf. S.P. Udayakumar und seine Familie müssen um ihr Leben fürchten.

Stellungnahme von S.P.Udayakumar

Nachtrag 20.7.2014

Die tatsächlichen Ereignisse, aus denen der Geheimdienst seine Story bastelte, haben Rainer Sonntag und S.P.Udayakumar inzwischen in Interviews geschildert:

Rainer Sonntag: ‘I am not a threat to India’

S.P.Udayakumar: ‘If anything happens to me, IB and government are responsible’

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *